Das abgegriffene Notizbuch
das Lieblingsstück von Ekkehard Faude
Mein Lieblingsstück – das abgegriffenes Notizbuch
Für mich ist jenes abgegriffene Notizbuch, die Kladde, in der sich Mühlenweg mongolische Worte aufzuschreiben begann mein Lieblingsstück im Museum. Im Asienzimmer, in der Vitrine neben dem Foto seines wichtigsten Sprachlehrers: Märin.
Natürlich hätte er, wenn das schon erfunden gewesen wäre, ein Tonbandgerät mitgenommen - die Expedition hatte ja auch Plattenspieler, Film- und Fotoapparate, einen Funkempfänger mit dabei. Alles ziemlich moderne Geräte damals.
Aber leider haben wir den Klang der mongolischen Sätze, die er von den Kamelmännern hörte, nicht. Er behalf sich mit Handschrift, eigentlich: dem möglichst genauen Nachschreiben des Gehörten, und je länger er es mit seinem vor allem deutsch-und-französisch geeichten Ohr machte, desto feiner wurde es für mongolische Laute; das ist an Verbesserungen einzelner Worte nachweisbar.Wir wissen aber nicht: welche regionale Färbung des Mongolischen er lernte - diese Nomadenvölker hatten vermutlich eine Bandbreite wie von Plattdeutsch bis Bayrisch. Ein französisch-sprachiges Lehrbuch des Mongolischen, das er sich aus Paris an die deutsche Botschaft in Peking schicken ließ, hatte ihm nichts geholfen - es betraf, wenn ich mich recht erinnere, ein Mongolisch der Nordstämme (also die dann in die mongolische Volksrepublik gezwungen wurden…)
Er wusste wohl am Anfang nicht, was daraus werden würde. Dass er einmal mehrere hundert Worte und Redewendungen haben würde, die ihm zur Unterhaltung mit Mongolen dienten in den Monaten am Edsingol 1931/32.
Noch weniger war zu ahnen, dass er in der Schlussphase seines Mongolei-Romans im Sommer 1950 eine Wortliste auf den letzten Seiten des Buches anbringen würde. Dass seine damals jugendlichen Leser eifrig daraus lernten, erfuhr er auf den Lesereisen, wenn sie ihn mit einem solchen Satz begrüßten.
Ekkehard Faude, Libelle-Verlag. Kurator des MühlenwegMuseums und noch immer passionierter Mühlenweg-Leser
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